Während das KZ Ellrich-Juliushütte bei Walkenried im Südharz in der französischen Erinnerungskultur eine Schlüsselrolle spielt, ist das zeitweise mit über 8.000 Häftlingen belegte Außenlager des Konzentrationslagers Mittelbau-Dora in Deutschland nahezu unbekannt. Das ist der Tatsache geschuldet, dass die Grenze zwischen der BRD und DDR mitten durch das abgeräumte und unzugängliche Lagergelände verlief. Rechtzeitig zum 80. Jahrestag der Befreiung am 6. April 2025 konnten nun die grenzübergreifend von Niedersachsen und Thüringen erarbeiteten Ergebnisse der mehrjährigen archäologisch-bauhistorischen Untersuchungen des Lagers gemeinsam vorgelegt werden. Der Zufallsfund eines verbrannten Menschenknochens führte zur Lokalisierung einer großen Leichenbrandschüttung und eines Scheiterhaufens mit den Resten von über tausend Opfern, die allein in den letzten Kriegswochen starben. Dank behutsam minimalinvasiv durchgeführter archäologischer Untersuchungen und akribischer Archivarbeit in Verbindung mit den 2009 publizierten historischen Quellen kann nun ein detaillierter Lagerplan und die Dokumentation der baulichen Spuren vom vorlagerzeitlichen Fabrikgelände über Häftlingsunterkünfte, Sanitärbereich, Krankenrevier, Militärbaracken, Krematorium, Lagerzaun und fünfzehn Wachtürmen vorgelegt werden. Die Dokumentation bildet eine wichtige Grundlage für die Gestaltung des Geländes als Gedenk- und Lernort. Das Buch zeigt, wie die Archäologie eine wichtige Rolle in der Beweissicherung, Dokumentation und Vermittlung der NS-zeitlichen Gewaltherrschaft einnehmen kann – und muss.
Stefan Flindt, Nils Hellner u. Robert Knechtel, Das KZ-Außenlager Ellrich Juliushütte. Eine archäologisch-bauhistorische Dokumentation. Materialhefte zur Ur- und Frühgeschichte Niedersachsens 63, zugleich Sonderveröffentlichungen des Thüringischen Landesamtes fur Denkmalpflege und Archäologie 9. Rahden/Westf. 2025. 264 Seiten, 351 Abbildungen, 1 Beilage, französische Zusammenfassung. ISBN 978-3-89646-956-4. 59,80 Euro.
