Aktuelle Neuerscheinungen zur Archäologie in Niedersachsen

Seit Sommer 2023 sind aus dem Umfeld der Archäologischen Kommission für Niedersachsen und dem Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege zwei Monographien und ein Zeitschriftenband zur Archäologie in Niedersachsen erschienen. Die beiden Monographien widmen sich einer bedeutsamen, jungsteinzeitlichen Fundstelle bei Göttingen sowie einer auffälligen, überwiegend spätmittelalterlich-frühneuzeitlichen Denkmälergruppe. Dabei wird auch eine vergleichsweise moderne Prospektionsmethode, die Auswertung von LiDAR-Scans, erläutert.
Der Zeitschriftenband wiederum belegt eindrücklich die große Bandbreite der Archäologie mit ihren vielfältigen Aufgaben und zahlreichen beteiligten Institutionen wie verschiedenen Landesbehörden, kommunaler Denkmalpflege, ehrenamtlich tätigen Sammlern, Universitäten und Museen.
Hinzuweisen ist noch auf den neu erschienenen Kommentar zum Niedersächsischen Denkmalschutzgesetzt, in dem bewusst nicht nur das Denkmalschutzgesetz kommentiert wird, sondern auch der übergeordnete Bezugsrahmen berücksichtigt ist.
Alle Publikationen mit einer ISBN können regulär über den Buchhandel erworben werden, nur die Publikation zu den Wall-Graben-Anlagen muss beim herausgebenden Verein direkt bestellt werden.

Zwischen 1963 und 1970 sowie 2016 wurden in Göttingen-Rosdorf insgesamt 2,6 ha einer linearbandkeramischen Siedlung freigelegt. Sie befand sich leicht geneigten Lößrücken oberhalb der Leine-Niederung. Auf der für die 1960er Jahre ungewöhnlich großen Grabungsfläche konnten eine Vielzahl teilweise vollständiger Hausgrundrisse dokumentiert werden, es gelang einer der ersten Nachweise einer großen frühneolithischen Siedlung in Norddeutschland. Der Band legt Befunde und Funde vollständig für vergleichende Untersuchungen vor. Auswertungsschwerpunkte sind die Keramikanalyse und die Klassifizierung und chronologische Reihung der 54 Hausbefunde. Diese werden bestimmten Bautypen bzw. Grundrißtypen zugeordnet und anhand von Konstruktionsmerkmalen und Keramikfunden zeitlich gereiht. Dabei wurde die Entwicklung der Keramik mit derjenigen der Hausgrundrisse parallelisiert. Als Besiedungsschwerpunkt ergab sich die Stufe II bzw. die Phase Flomborn, während Stufe III nur durch wenige Befunde und Funde vertreten war und die Besiedlung mit dem Beginn der Stufe IV – zumindest im untersuchten Areal – abbrach. Erörtert werden zudem mögliche kultisch-rituell geprägte Befunde in Hauskontexten. Weitere Themen sind die Siedlungs- und Sozialstruktur. Geschlagene und geschliffene Steingeräte, Mahlsteine und organische Funde werden ebenfalls vorgelegt.

Brigitte Schlüter / Wolfgang Schlüter
Die bandkeramischen Befunde und Funde vom Mühlengrund in Rosdorf, Ldkr. Göttingen
Materialhefte zur Archäologie Niedersachsens 61
84 Seiten. 62 Abbildungen, 10 Tabellen, 180 Tafeln
ISBN 978-3-89646-954-0
Verlag Marie Leidorf, Rahden / Westf., 2023

Die aktuelle Ausgabe der Nachrichten aus Niedersachsens Urgeschichte (Band 92 / 2023) umfasst zehn Aufsätze bzw. kürzere Berichte, Mitteilungen zur Archäologie in Niedersachsen und vier Rezensionen. Schwerpunkte liegen dabei auf der Vorlage jungpaläolithischer Fundstellen im Raum Osnabrück und den Grabungen im jungsteinzeitlichen Erdwerk von Müserlingen, kaiserzeitlichen und frühmittelalterlichen Siedlungsstrukturen und Verkehrswegen in den Landkreisen Verden und Uelzen sowie der Auswertung von Grabungen in einem klösterlichen Vorwerk bzw. einem Zwangsarbeiterlager der NS-Zeit. Die kürzeren Berichte widmen sich vor allem der geophysikalischen Prospektion einer frühmittelalterlichen Wallburg und werkstoffkundlichen Untersuchungen.

Nachrichten aus Niedersachsens Urgeschichte Band 92, hrsg. Archäologische Kommission für Niedersachsen e.V. und Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege
Kommissionsverlag THEISS–WBG, Darmstadt, 2023
ISBN 978-3-8062-4842-5, 356 Seiten, 233 Abbildungen, Tabellen und Tafeln

In zahlreichen Luftbildern und LiDAR-Scans sind kleine, meist runde Wall-Graben-Anlagen zu erkennen. Ihre genaue Datierung ist, da kaum Funde vorliegen, meist unmöglich. Manchmal gelingt eine Deutung, wenn sich ein entsprechender Eintrag auf einer Karte aus dem 17./18. Jahrhundert findet. Der Autor legt beinahe 150 der ihm bekannten kleinen Wall-Graben-Anlagen als Abbildung (Luftbild oder LiDAR-Scan) vor, ordnet sie nach Form und Zeitstellung und zeigt die vielfältigen Möglichkeiten zu ihrer Deutung auf. Gerade diese umfangreiche Bebilderung macht die Publikation zu einer Fundgrube bei der Suche nach Vergleichsbeispielen. Vor allem historische Karten erweisen sich als hilfreich, Pflanz- und Jagdgehege von Immenzäunen oder militärischen Schanzen zu unterscheiden. Manche der Einhegungen dürften auch zur Waldweide gedient haben. Dabei zeigt sich, dass derartige Anlagen vor allem aus dem 14.–16. Jahrhundert stammen, seltener aus dem 18./19. Jahrhundert. Im 20. Jahrhundert wurden sie – nicht zuletzt bedingt durch den vielfältigen Wandel in der Landwirtschaft – nur noch selten angelegt. Zwei kleinere Beiträge führen in das Verfahren zur Auswertung von LiDAR-Scans und die Erfassung von Elementen der Kulturlandschaft ein.

Heinz-Dieter Freese
Kleine Wall-Graben-Anlagen in Niedersachsen – Ansätze zur Deutung und Datierung. Freundeskreis für Archäologie in Niedersachsen, Schriftenreihe Band 3
112 Seiten, 145 Abbildungen
Bestellung über: FAN e.V., Scharnhorststraße 1, 30175 Hannover

Das Denkmalrecht fällt, bedingt durch die föderale Struktur der Bundesrepublik Deutschland, die Kulturhoheit der Länder, wird aber auf ganz unterschiedliche Weise durch internationale Vereinbarungen bzw. Konventionen und die Bundesgesetzgebung beeinflusst. Dies führt zu einer nicht immer einfachen Gemengelage. Der Kommentar versucht, dieser Situation gerecht zu werden. So wird bei der Darstellung des Denkmalrechts bewusst über die niedersächsischen Grenzen hinausgegangen und auch die gesamte übrige Rechtsprechung zum Denkmalrecht sowie die Literatur zu den deutschen Denkmalschutzgesetzen einbezogen. Hinweise auf weitere Literatur und die jüngere Rechtsprechung treten ergänzend hinzu.
Mit diesem Ansatz möchte der Kommentar die tägliche Arbeit der vielen, mit denkmalrechtlichen Fragen befassten Institutionen, Behörden und Einzelpersonen erleichtern, aber auch Anwälten und Gerichten einen schnellen Zugang zu den Entscheidungen ermöglichen. Für die praktische Anwendung ist diese Herangehensweise wertvoll: Mit Bezug auf Niedersachsen erhält ein Leser bei offenen Fragen eine direkte Antwort, und zugleich hilft der deutschlandweite Blick, die eigene Position besser zu bestimmen.
Die Neufassung berücksichtigt die jüngsten Änderungen der Niedersächsischen Bauordnung sowie das Niedersächsische Klimagesetz (Sommer 2022). Ein Schwerpunkt liegt daher auf dem Kommentar zum Einsatz erneuerbarer Energien und den Änderungen, die sich aus der Neuberechung der Grundsteuer ergeben.

Andreas Kleine-Tebbe / Christian Guntau
Denkmalrecht Niedersachsen. Grundlagen und Kommentar zum Denkmalschutzgesetz für die Praxis mit finanzierungs- und steuerrechtlichen Bezügen.
Kommunal- und Schul-Verlag Gmbh & Co. KG, Wiesbaden, 5. Auflage, 2023
ISBN 978-3-8293-1899-0, 686 Seiten