W. Haio Zimmermann im Ruhestand

Zum 31. Juli 2006 schied der Leitende Wissenschaftliche Direktor des Niedersächsischen Instituts für historische Küstenforschung (NIhK) in Wilhelmshaven, Prof. Dr. W. Haio Zimmermann, mit dem Erreichen der Altersgrenze aus dem aktiven Dienst.

Geboren 1941, entwickelte er schon in der Schulzeit großes Interesse an der Archäologie seiner Oldenburger Heimat. Folgerichtig begann er in Tübingen nach dem Abitur 1962 das Studium der Ur- und Frühgeschichte, das ihn dann weiter nach Groningen und schließlich nach Göttingen führte. Seine vielfältigen Interessen zeigten sich bereits damals in stets wechselnden Nebenfächern. Prägend für Zimmermanns wissenschaftliche Entwicklung waren seine akademischen Lehrer H. T. Waterbolk in Groningen und H. Jankuhn in Göttingen, bei dem er auch promovierte. Besonders die Geschichte des Hausbaus und der Landwirtschaft hielten ihn gefangen.

Kaum war er mit dem Studium fertig, holte ihn W. Haarnagel 1971 nach Wilhelmshaven, wo er vor Ort die Grabungsleitung in dem gerade anlaufenden interdisziplinären Projekt “Siedlungskammer Flögeln” übernahm, das bald zu einem der größten siedlungsarchäologischen Unternehmen Mitteleuropas werden sollte. Insgesamt 16 sehr intensive Jahre verbrachte Zimmermann mit Duldung seiner Familie im Elbe-Weser-Dreieck. In dieser Zeit grub er mit DFG-Mitteln nicht nur sehr erfolgreich die ausgedehnten Siedlungen Flögeln-Eekhöltjen aus der Römischen Kaiserzeit und Völkerwanderungszeit sowie Dalem aus dem Frühen und Hohen Mittelalter aus, sondern konnte er auch Siedlungen aus den Zeiten davor und danach erfassen. Dabei hat er stets sehr eng mit den Naturwissenschaftlern des NIhK zusammengearbeitet. Als Ergebnis liegen wichtige neue Erkenntnisse, besonders zur Frage der Entwicklung von Siedlungsbildern und Besiedlungskontinuitäten, sowie ein riesiges Datenmaterial vor, von dem ein Teil bereits ausgewertet und publiziert ist. Nicht vergessen werden dürfen die zahllosen Praktikanten, die im Projekt Flögeln im Laufe der Jahre in die Grabungstechnik eingeführt worden sind und von denen viele heute archäologische Positionen in ganz Deutschland ausfüllen.

Ein besonderes Interesse widmete Zimmermann der Geschichte des Ackerbaus. Er entdeckte und untersuchte mehrere Celtic Fields, die sich unter Wald z. T. unverändert bis heute erhalten hatten. Hierfür sowie zur Interpretation seiner Siedlungen hat er u. a. Methode und Einsatz der Phosphatkartierung erheblich weiterentwickelt. Seine Lieblingsbeschäftigung war und ist die Erforschung der Holzbauten von der Prähistorie bis zur Moderne, die zu zwei wichtigen Monographien führte: 1992 über die Bauformen der Siedlung Flögeln-Eekhöltjen anhand der Grundrisse von 154 Pfostenbauten und 156 Grubenhäusern und 1998 allgemein über den Pfosten- und Ständerbau. Daneben stammen aus seiner Feder noch zahlreiche weitere Arbeiten mit einer großen Spannbreite. In zahllosen Vorträgen und mit regelmäßigen Lehraufträgen an der Humboldt-Universität, Berlin, sowie an den Universitäten Göttingen und Hamburg hat Haio Zimmermann seine Ergebnisse und die des NIhK weitergegeben; dafür wurde er 2005 in Hamburg zum Professor ernannt.

Er war in zahlreichen Gremien tätig, darunter in der Römisch-Germanischen Kommission und im Hauptausschuß der Archäologischen Kommission für Niedersachsen. Weiterhin hat er den Vorsitz im Marschenrat inne. Bei der RURALIA, einer internationalen Vereinigung zur Erforschung der mittelalterlichen ländlichen Siedlungen, gehörte er zu den Mitbegründern. Auf internationaler Ebene pflegt er besonders enge Kontakte zu den niederländischen und dänischen Kollegen, deren Sprachen er auch beherrscht. Ab 2000 leitete Zimmermann erfolgreich das Wilhelmshavener Institut; bei seiner Verabschiedung 2006 wurde er mit dem Bundesverdienstkreuz geehrt. Auch nach seiner Pensionierung hat Haio Zimmermann noch viel vor in der Wissenschaft. Er behält seinen Arbeitsplatz im NIhK und die niedersächsische Archäologie wartet schon hoffnungsvoll auf die nächsten Veröffentlichungen.