Auf Sand gebaut – von Sand begraben

Tobias Scholz, Gundula Tessendorf, Auf Sandgebaut – von Sand begraben. Ausgrabung einer frühmittelalterlichen Siedlung im Umfeld des Gräberfeldes von Liebenau/Steyerberg. Schriften des RAUZWI-Vereins 1. Nienburg/Delligsen2020. 90 Seiten.

Einen guten Kilometer östlich des international bekannten Gräberfeldes von Liebenau (mit einer Belegung in der Zeit vom 4.–9. Jahrhundert) im Landkreis Nienburg/Weser kamen 1971 im Zuge des Sandabbaus an einer Binnendüne am Ufer der Großen Aue archäologische Funde zutage. Im selben Jahr wurde eine Notgrabung unternommen, die 1973 durch eine weitere Probegrabung unter der Leitung von Hans-Günter Peters ergänzt wurde und Siedlungsspuren aus dem 8.–10. Jahrhundert erbrachte. Seit 2015 steht diese Fundstelle erneut im Fokus archäologischer Feldforschung durch das Seminar für Ur- und Frühgeschichte der Georg-August-Universität Göttingen (Leitung: Tobias Scholz) unter Beteiligung einer Vielzahl von Ehrenamtlichen, darunter der Verein RAUZWI – Lebendige Archäologie Mittelweser, und in Kooperation mit der Kommunalarchäologie Schaumburger Landschaft. Die vorliegende rund 90 Seiten starke Broschüre im A5-Format präsentiert erstmals zusammenfassend die Ergebnisse der archäologischen Voruntersuchungen und Ausgrabungen bis zum Jahr 2019. In einer für Laien verständlichen Sprache werden Landschafts- und Forschungsgeschichte ebenso erläutert wie das allgemeine methodische Vorgehen bei Ausgrabungen am Beispiel der Fundstelle und die frühmittelalterliche Lebenswelt anhand ausgewählter Fundkomplexe. Die Texte werden durch eine Vielzahl vollfarbiger Illustrationen und Fotos veranschaulicht. Abschließend werden 20 überwiegend ältere Publikationen als Literaturauswahl für die weitere Lektüre empfohlen. „Auf Sand gebaut – von Sand begaben“ präsentiert vorrangig den archäologisch interessierten Laien, aber auch dem Fachpublikum die Ergebnisse einer universitären Lehrgrabung an einer spät-frühmittelalterlichen Siedlungsstelle. Zu den wichtigsten Ergebnissen zählen die Grundrisse zweier vollständiger Grubenhäuser, die Dokumentation einer ungewöhnlichhohen Anzahl von Schlackefunden (die deutlich über der Zahl der Keramikfunde liegt) und der Nachweis von Pflug- und Wagenspuren. Unter den Fibelfunden ist eine Pseudomünzfibel erwähnenswert, die möglicherweise das Portrait Ludwig des Frommen zeigt. In seinem Geleitwort betont der Landesarchäologe Henning Haßmann die Bedeutung der bürgerschaftlichen Teilhabe an archäologischen Projekten,die mit den Forschungen und Ausgrabungen an der Fundstelle „Liebenau 25“ in vorbildlicher Weise umgesetzt wurde. Die Broschüre erscheint in einer eigenen Schriftenreihe des Vereins RAUZWI, der maßgeblich an der Durchführung des Projektes beteiligt ist. Die kostenlose Publikation ist über den Verein zu beziehen.